17.07.2023
Geschafft! Das werden sich viele, wenn nicht alle, der 19 Teilnehmer der diesjährigen Jäger-Ausbildung in Bremen gedacht haben. Über acht Monate hinweg besuchten wir mehr als 100 Kurstermine, legten Tausende Kilometer Fahrstrecke zurück und durchliefen zum Abschluss einen fünftägigen Prüfungsmarathon. Bestanden haben alle. Die Absolventen gehören nun zur kleinen und traditionsreichen Zunft der Jäger, einem der ältesten Gewerbe der Welt.
Dabei zerrten die Kurse und Exkursionen während der Jäger-Ausbildung ohne Frage am eigenen Durchhaltewillen. Zwei, drei, manchmal vier Termine verteilten sich über eine Woche. Nicht einfach dabei Arbeit, Familie und Freizeit unter einen Hut zu bringen. Doch leicht war nicht der Anspruch. Die weidgerechte Jagd erfordert, zu Recht, umfangreiche und fundierte Kenntnisse über das spätere Handwerk. Um das richtig zu erlernen, reichen keine zwei oder drei Wochen aus.
Das Ergebnis des ganzen ist auch der gewonnene Erfahrungsschatz über unsere heimische Flora und Faune. Die Kursteilnehmer lernten viel, was ihnen heute als selbstverständlich erscheinen mag. Beispielsweise ist es in Nicht-Jäger-Kreisen nicht immer bekannt, dass Reh- und Rotwild jährlich seine Stangen und Geweihe abwerfen, und die imposanten Knochen-Konstrukte dann wieder nachschieben. Das erinnert mich daran, dass sich die Umwelt nicht von selbst erklärt und nicht jeder alles von der Pike auf weiß. War diese „selbstverständliche Tatsache“ auch mir völlig neu.
Geführt wurde der Kurs von Ausbildungsleiter Ralph Rissmeyer, der neben eigenen Lehrtätigkeiten auch den Lehrplan orchestrierte. Der beinhaltete unter anderem Waffen- und Wildtierkunde, Jäger-Tradition, Wildkrankheiten und Wildverwertung, Jagdrecht, Jagdbetrieb, Jagdhundewesen, Landbau, Waldbau, Naturschutz und Hege. Neben den theoretischen Parts unterfütterten die Ausbilder das Programm mit praktischer Kunde in Revieren sowie mit Exponaten zum Bestaunen und Anfassen – ganz zu schweigen von umfangreichen Schießtrainings in Waakhausen, Krelingen und Huckelriede mit Kurzwaffen, Büchsen und Flinten.
Im Jagdkurs trafen Ausbilder auf Teilnehmer, die einen Querschnitt der Deutschen Gesellschaft abbilden. Menschen quer durch die Generationen und Geschlechter kamen zusammen, lachten und lernten zusammen. Freundschaften und Kontakte entstanden. Während immer mehr Menschen in unserer Welt die Bindung zur Natur verlieren, entschieden sich die neuen Jungjäger bewusst zum Gegenteil. Sie wollen über Biozönosen, Biotopvernetzung oder Bioindikatoren Bescheid wissen. Das Lernen endet aber nicht mit der letzten der rund 500 Seiten umfassenden Lehrgangsbibel, dem Seibt. Manche sagen, mit dem Jagdschein in der Tasche geht es erst richtig los.
Die staatliche Jägerprüfung am Abschluss der Jägerausbildung erklärt die neuen Jungjäger außerdem zu geprüften Umweltschützern. Das gilt umso mehr für die Landesjägerschaft Bremen, die als anerkannter und offizieller Naturschutzverband Ansprechpartner ist neben Nabu und BUND.
Die umfangreiche Kursdauer samt robuster Abschlussprüfung bei der Bremer Jägerschaft dient aber noch einem weiteren Aspekt: Sie stellt ein Bollwerk dar. Der Umgang mit Schusswaffen ist lebensgefährlich. Nicht jeder darf und sollte damit hantieren. Wer den Umgang nicht beherrscht, wird kein Jäger, ergo Waffenträger. Das stellen die vielen Prüfer in Bremen als Kontrollinstanz sicher. Ob das in Zeiten von zweiwöchigen Schnellkursen zum Erwerb des Jagdscheins anderswo genauso gewissenhaft funktioniert? In Bremen jedenfalls kommt hinzu, dass sich die Teilnehmer über die lange Kursdauer kennenlernen. Wer unter den Jungjägeranwärtern unredliche Absichten hätte, würde daher auf mehreren Ebenen auffallen.
Der Jagdkurs bei der Landesjägerschaft Bremen war eine reiche Erfahrung für die ich als Autor dieser Zeilen und Kursteilnehmer dankbar bin und die mir in schöner Erinnerung verbleiben wird.