01.02.2017
In den jüngesten Pressemeldungen der Bremer Umweltbehörde definiert Behördensprecher Jens Tittmann das wissenschaftlich international anerkannte Monitoring-Instrument für Großraubtiere nach den SCALP-Kriterien für sich völlig neu. Er schließt plötzlich Fotos, welche nach SCAPL als harte Fakten zu einem eindeutigen Nachweis führen, aus. Warum?
Experten der Umweltbehörde würden Fotos nur als sogenannte C3-Nachweise bewerten, also nur als Wolfs-Beobachtung und nicht als eindeutigen Nachweis. Als Nachweise sollen nur DNA-Proben oder eine Ortung eines Wolfes mit / durch ein Senderhalsband gelten! Dies wiederspricht nicht nur dem in Deutschland anerkannten und etablierten Wolfsmonitoring, sondern auch dem international praktizierten Vorgehen. Das Vorgehen und die Argumentation der Behörde erscheint völlig unverständlich und irritierend. Es stellt sich damit die Frage, ob die Bremer Politk und die Bremer Behörden etwa die Rückkehr unserer Wölfe schlichtweg verschlafen haben und gegenüber ihren Bürgern jetzt ziemlich unvorbereitet diesem Ereignis begegnen. Frei nach dem Motto "Kein Wolf - kein Ärger". Das Problem dabei scheint nur, dass es - falls es zu Ärger zwischen Mensch und Wolf in Bremen kommen sollte - dieser allein auf dem Rücken der Bremer Bürger ausgetragen werden würde?
Die Landesjägerschaft Bremen bekräftig nochmals den C1-Nachweis eines Wolfes in Bremen. Uns liegen inzwischen mehrere vertrauenswürdig einzustufende Sichtungsschilderungen vor, dass sich der Wolf auf öffentlichen Straßen in Borgfeld bewegt hat und auf u. a. bis zu 2 Meter Autos genähert haben soll. Diese Berichte werden weiter ausgewertet. Wir wünschen uns jetzt ein schnelles Handeln der Behördenvertreter, um auch im Land Bremen eine Handlungsfähigkeit herzustellen, wie sie in Niedersachsen schon lange vorhanden ist. Dazu gehört nicht nur ein funktionierendes Monitoring bereitzustellen, sondern auch Entschädigungszahlungen für bspw. Landwirte, Autofahrer oder andere ggf. betroffene Personen.
Sie finden hier eine Beschreibung der SCALP-Kriterien. Quelle: Monitoring von Großraubtieren in Deutschland, Bundesministerium für Naturschutz, BfN-Skripten 251 - 2009, Gliederungspunkt 3.1, Seite 17:
3.1
Eine explizite und praktikable Definition der SCALP-Kriterien für deutsche Verhältnisse
Nachfolgend definieren wir die für ein standardisiertes Großraubtier-Monitoring in Deutschland erforderlichen SCALP-Kriterien. Sie basieren auf den originalen SCALP-Kriterien, wurden jedoch an die Situation in Deutschland angepasst und für zwei weitere Arten, Wolf und Bär, erweitert.
Einige Vorbedingungen sind festzuhalten:
• In jeder Region mit Großraubtieren ist mindestens eine erfahrene Person für die Evaluierung der Felddaten verfügbar.
• Als erfahren gilt, wer ausgiebige Felderfahrung mit der in Frage kommenden Großraubtierart hat (siehe 3.1.2).
• Alle Beobachtungen sind auf ihre Echtheit (mit anderen Worten auf gezielte Täuschung) zu überprüfen.
Der Buchstabe C steht für Category. Die Ziffern 1, 2 und 3 sagen nichts über die fachliche Qualifikation des Beobachters aus, sondern nur über die Überprüfbarkeit des Hinweises und die entsprechende Zuordnung in die jeweilige Kategorie.
C1: eindeutiger Nachweis = harte Fakten, die die Anwesenheit eines Großraubtiers eindeutig bestätigen (Lebendfang, Totfund, genetischer Nachweis, Foto, Telemetrieortung).
C2: Bestätigter Hinweis = von erfahrener Person überprüfter Hinweis (z. B. Spur oder Riss), bei dem ein Großraubtier als Verursacher bestätigt werden konnte. Die erfahrene Person kann den Hinweis selber im Feld oder anhand einer Dokumentation von einer dritten Person bestätigen.
C3: Unbestätigter Hinweis = Alle Hinweise, bei denen ein Großraubtier als Verursacher auf Grund der mangelnden „Beweislage“ von einer erfahrenen Person weder bestätigt noch ausgeschlossen werden konnte. Dazu zählen alle Sichtbeobachtungen, auch von erfahrenen Personen, ferner alle Hinweise, die zu alt sind, unklar, unvollständig dokumentiert sind, zu wenige um ein klares Bild zu ergeben (z. B. bei Spuren) oder aus anderen Gründen für eine Bestätigung nicht ausreichen; ebenso alle Hinweise, die nicht überprüft werden konnten. Die Kategorie C3 kann in Unterkategorien „wahrscheinlich“ und „unwahrscheinlich“unterteilt werden.
Falsch: Falschmeldung = Hinweis, bei der ein Großraubtier als Verursacher ausgeschlossen werden konnte oder sehr unwahrscheinlich ist.